Immer mehr Budget und Personal fließen in die Besetzung offener Stellen. Dabei müssten Unternehmen viel weniger recruiten, wenn sie auf stärkere Mitarbeiterbindung setzen würden. Wir schauen in diesem Artikel darauf, warum sich Investitionen in die Zufriedenheit der Angestellten langfristig auszahlen und mit welchen Maßnahmen man der Fluktuation von Mitarbeitenden vorbeugt.
Vielleicht kennst du das Szenario: Schon wieder haben ein paar Kolleg:innen gekündigt, sie wurden von der Konkurrenz abgeworben oder sie wollen „den nächsten Schritt“ in einem anderen Unternehmen machen.
Für die Besetzung der offenen Positionen werden alle Register gezogen: aufwändige Stellenanzeigen, kostspieliges Headhunting, zeitintensive Bewerbungsrunden. Trotzdem dauert es und ehe eine Stelle besetzt ist, muss schon eine neue Vakanz gefüllt werden.
Während alle das Recruiting-Problem vor Augen haben, fehlen Zeit und Budget, um in die Bedürfnisse und Weiterentwicklung der bestehenden Kolleg:innen zu investieren. Die Folge: Unzufriedenheit, Kündigungen und noch mehr offene Stellen. Ein Teufelskreis.
Aber wie kann man daraus ausbrechen? Am besten mit gezielten Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung.
Was ist Mitarbeiterbindung?
Mitarbeiterbindung beschreibt die langfristige Anstellung von Mitarbeitenden im Unternehmen. Es ist Aufgabe der Personalabteilung, die Verbundenheit von Angestellten und Arbeitgeber durch gezielte Maßnahmen aufzubauen und zu stärken.
Oft wird in diesem Zusammenhang auch vom Retention Management gesprochen, das für die Erstellung von Strategien, Programmen und konkreten Maßnahmen umgesetzt wird.
Vier Formen von Mitarbeiterbindung
Von finanziellen und persönlichen Entwicklungschancen über die Identifikation mit den Unternehmenswerten bis hin zur emotionalen Beziehung zwischen Angestellten und Organisation – Mitarbeiterbindung ist vielschichtig und findet auf unterschiedlichen Ebenen statt:
- Emotionale Bindung beschreibt die Verbundenheit der Mitarbeitenden auf emotionaler Ebene durch positive Erfahrungen, Wertschätzung und ein unterstützendes Arbeitsumfeld.
- Perspektivische Bindung bezieht sich auf die Bindung der Angestellten aufgrund der Aussicht auf persönliches Wachstum, Entwicklung und Karrieremöglichkeiten im Unternehmen.
- Normative Bindung entsteht durch das Gefühl der Verpflichtung und Identifikation der Mitarbeitenden mit den Werten, Normen und Zielen des Unternehmens.
- Rationale Bindung bezieht sich auf die Mitarbeiterbindung aufgrund von wirtschaftlichen Anreizen wie Gehalt und Zusatzleistungen, die rationale Gründe für die Treue zum Unternehmen bieten.
Herausforderungen von Mitarbeiterbindung
Laut den Ergebnissen der Masterplan Studie zum Thema Upskilling in 2024 ist Mitarbeiterbindung per se eine der größten Herausforderungen der nahen Zukunft: Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (58 %) sieht sich innerhalb der nächsten Jahre damit konfrontiert.
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Mitarbeiterbindung ist vor allem deshalb so herausfordernd, weil sie die verfügbaren HR-Ressourcen in Einklang mit den bestehenden Bedürfnissen der Angestellten bringen muss – und zwar idealerweise so, dass jede:r einzelne zufrieden ist. Dazu kommen externe Einflüsse, auf die HR- und Personalverantwortliche vorbereitet sein sollten.
Drei zentrale Herausforderungen der Mitarbeiterbindung sind:
- Vielfältige Generationen und Mindsets:
Die Bedürfnisse unterschiedlicher Alters- und Interessengruppen anzusprechen und zu erfüllen, kann schwierig sein. Während für Babyboomer vielleicht eine betriebliche Altersvorsorge attraktiv ist, achtet die Generation Z mehr auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance und schätzt Möglichkeiten zu selbstgesteuertem Lernen.
- Gestiegenes Wertebewusstsein und mehr Offenheit für Neues:
Dank Bewertungs- und Vergleichsportalen wissen Angestellte, wie viel sie und ihre Leistungen wert sind – und was sie verdienen (können). Dadurch steigt das Selbstbewusstsein und sinkt die Hemmschwelle, nach einem neuen Job Ausschau zu halten und den persönlichen Marktwert zu testen.
- Steigender Fachkräftemangel und proaktives Recruiting:
Fachpersonal ist schon heute rar und bis 2030 werden weltweit rund 85 Millionen qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. Auch Wettbewerber spüren das und gehen mit proaktivem Recruiting dagegen vor. Im „Race for Talent“ entscheidet dann das bessere Gesamtpaket eines Arbeitgebers darüber, ob Mitarbeitende abgeworben oder gehalten werden können.
Warum ist Mitarbeiterbindung wichtig?
Mitarbeiterbindungsmaßnahmen bzw. Retention-Programme sind vor allem wichtig, weil sie langfristige Arbeitsbeziehungen zwischen Angestellten und Unternehmen sichern und das zeit- und kostenintensive Recruiting entlasten.
Der hohe Einsatz der limitierten HR-Ressourcen für die Personalsuche ist in vielen Unternehmen der aussagekräftigste Grund, mehr in die Mitarbeiterbindung zu investieren, denn: Viele Recruiting-Prozesse beginnen mit einer Kündigung, die vermeidbar ist.
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Warum es sich nachhaltig lohnt, die Mitarbeiterbindung zu stärken
Im Vergleich zu hohen Recruiting-Ausgaben (für vermeidbare Nachbesetzungen) stellen sich Retention-Maßnahmen als wesentlich lukrativer und nachhaltiger dar.
Vorteile langfristiger Mitarbeiterbindung sind:
- höhere Produktivität und Leistungsbereitschaft:
Je besser die Beziehung zur Organisation, desto wohler fühlt man sich bei der Arbeit. Ein angenehmes Betriebsklima wirkt sich positiv auf die Performance aus und sorgt in der Regel auch für geringere Fehlzeiten. - sinkende Recruiting-Kosten durch geringere Fluktuationsrate:
Kündigen weniger Angestellte, müssen auch weniger Stellen nachbesetzt werden. Das spart die Kosten für die Personalsuche und ermöglicht mehr Fokus auf attraktive Angebote für die Mitarbeitenden. - starkes Employer Branding und schnelleres Recruiting:
Die Bereitschaft zur Weiterempfehlung des Arbeitgebers steigt, wenn Mitarbeitende sich wertgeschätzt fühlen. Das positive Image und direkte Word-of-Mouth-Kommunikation können Recruiting-Prozesse beschleunigen. - eingespielte Prozesse und stärkere Kundenbindung:
Wissen bleibt länger im Unternehmen, erfahrene Mitarbeitende erhöhen den Standard, eingespielte Teams arbeiten effizienter und langfristige Ansprechpartner:innen stärken die Kundenbindung.
Wie Weiterbildungsangebote für eine bessere Position im „Race for Talent“ sorgen
Zunehmender Fachkräftemangel und hohe Fluktuationsraten halten das stetige „Race for Talent“, also das Wettrennen um die Top-Talente auf dem Markt, am Laufen. Das macht es nicht einfacher, aus dem Teufelskreis der ewigen Nachbesetzung auszubrechen. Dabei liegt ein Grund für die vielen Kündigungen auf der Hand:
Es wird sich nicht ausreichend oder ernsthaft um die eigenen Mitarbeitenden gekümmert – ganz besonders nicht um ihre persönliche Weiterentwicklung.
Dabei sind die beruflichen und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten ein zentrales Bedürfnis der meisten Angestellten. Ganze 94 % der Nutzer:innen der Karriereplattform LinkedIn gaben an, dass sie länger bei ihrem letzten Arbeitgeber geblieben wären, wenn dieser in ihre berufliche Entwicklung und Weiterbildung investiert hätte.
Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du der hohen Fluktuation mit effektiven Fortbildungen entgegenwirken kannst, lade dir unsere kostenlose Infografik zum Thema herunter!
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Allgemeine Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung
Die Zufriedenheit der Angestellten kannst du auf mehreren Wegen fördern und sicherstellen. Wichtig ist dabei, dass du ein Retention-Programm schnürst, das Maßnahmen für die wirklichen Bedürfnisse deiner Mitarbeitenden enthält.
Entlang der sechs Säulen der Mitarbeiterbindung empfehlen sich diese konkreten Maßnahmen:
Produktives <span style="color: #fc6676">Arbeitsumfeld</span> schaffen
Glückliche Mitarbeitende sind motivierter und produktiver. Um die Zufriedenheit am Arbeitsplatz zu steigern, müssen Arbeitgeber daher ein unterstützendes Umfeld mit positiver Atmosphäre schaffen. Dabei helfen:
- professionelles Equipment und ein vollständig ausgestatteter Arbeitsplatz
- flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zu Remote Work, Arbeit im Homeoffice und Jobsharing
- kostenlose Verpflegung (Getränke, Kaffee, Obst etc.)
- Angebot zur Kinderbetreuung oder Beteiligung an den Betreuungskosten
- organisierte Teamevents und gemeinsame Aktivitäten
Ausgewogene <span style="color: #fc6676">Work-Life-Balance</span> ermöglichen
Um die Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu halten, müssen sich Unternehmen um das Wohlergehen der Mitarbeitenden kümmern. Tun sie das, reduzieren sie krankheitsbedingte Ausfallzeiten und steigern die Zufriedenheit. Mögliche Maßnahmen sind:
- Vermeidung von Überstunden und realistische Projektplanung
- betriebliches Gesundheitsmanagement, z. B. durch regelmäßige betriebsärztliche Untersuchungen, Ernährungsberatungen oder Impfangebote
- betriebliche Sportangebote und gesunde Verpflegung
- Sabbatical (auch Sabbatjahr) bzw. unbezahlter Sonderurlaub
Individuelle <span style="color: #fc6676">Weiterentwicklung</span> fördern
Mitarbeiterbindung stärkt sich ganz besonders durch Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen. Arbeitgeber, die ihre Mitarbeitenden fördern, gewinnen an Know-how und Loyalität, zum Beispiel durch:
- Angebote zu beruflicher und persönlicher Weiterbildung, Upskilling, Training on the Job, Coachings und Mentoring-Programmen
- Regelmäßige Feedback-Gespräche, individuelle Zielvereinbarungen und Entwicklungspläne
- klar kommunizierte Aufstiegschancen, Übertragen von mehr Verantwortung und Entwicklung von Führungskompetenzen
- Jobrotationen und Auslandseinsätze bzw. -aufenthalte
<span style="color: #fc6676">Employer Branding</span> nutzen
Authentisches Employer Branding bindet bestehende und lockt neue Fachkräfte an. Eine starke Verbundenheit zur Marke und damit auch eine positive Außendarstellung erzeugt man beispielsweise durch:
- Social Media Kanäle und Markenbotschafter des Unternehmens
- gelungene Candidate Experiences, Willkommenspakete und organisiertes Onboarding
- Benefits und Angebote für die Angestellten und Empfehlungsprogramme bei der Personalsuche
- Präsenz auf Karriere-Events und Messen sowie durch Hochschulrecruiting
Offene <span style="color: #fc6676">Unternehmenskultur</span> etablieren
Je klarer der Fahrplan eines Unternehmens, desto größer das Vertrauen in die Organisation. Eine offene Unternehmenskultur erzeugt man mit den folgenden Maßnahmen, die man nicht nur predigen, sondern auch wirklich realisieren sollte:
- klare Zukunftsvision und transparent kommunizierte Wert- und Zielvorstellung
- konstruktive Feedback-Kultur und gegenseitige Motivation
- interne Kommunikationskanäle über Intranet, Mitarbeitermagazine oder Newsletter
- Social Responsibility und nachhaltiges Arbeiten
Attraktive <span style="color: #fc6676">Vorteile und Benefits</span> bieten
Immer noch eine der gefragtesten Maßnahmen: Geld. Zwar gewinnen „softere“ Faktoren wie das Arbeitsumfeld an Relevanz, aber finanzielle Vorteile bleiben ein Motivator für Angestellte. Sie können unterschiedlich aussehen, zum Beispiel so:
- Gehaltserhöhungen, Bonuszahlungen, Prämien, Urlaubs- und Weihnachtsgeld
- Geldwerte Vorteile in Form von Diensthandys und Arbeitslaptops mit privater Nutzung, Firmenwagen mit Freikilometern oder ein Fahrtkostenzuschuss
- Personalrabatte für die eigenen Produkte und Corporate-Benefits-Programme mit Gutscheinen und Vergünstigungen
- Betriebliche Altersversorgung oder Finanz- und Vermögensberatungen
Fazit: 3 Tipps für die Praxis
Mitarbeiterbindung lohnt sich mehrfach: Sie erhöht die Leistungsbereitschaft, steigert die Produktivität und kann die Fluktuationsrate und damit einhergehend die Recruiting-Ausgaben reduzieren. Und die Liste an möglichen Maßnahmen ist lang. Aber wo fängt man an?
Mit den folgenden drei Praxis-Tipps fällt dir die Priorisierung leichter.
<span style="color: #fc6676">1.</span> Achte schon im Bewerbungsprozess auf den Company-Fit
Mache schon beim allerersten Kontakt – in der Regel über die Stellenanzeige – deutlich, für welche Werte deine Organisation steht und welche Unternehmenskultur bei euch gelebt wird. Schau auch in weiteren Bewerbungsrunden, ob es einen Fit zwischen Kandidat:in und Unternehmen gibt. Vielleicht planst du sogar einen Termin mit dem neuen Team ein, in dem es weniger um Fachliches geht, sondern mehr darum, ob die Chemie stimmt.
Denn wenn du von vornherein darauf achtest, dass die Bewerber:innen die Werte des Unternehmens teilen und sich mit der Zukunftsvision identifizieren, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass neue Kolleg:innen auch langfristig Teil deines Teams bleiben.
<span style="color: #fc6676">2.</span> Konzentriere dich auf selektive Mitarbeiterbindung
Es klingt unfair, aber: Investiere unterschiedlich viel in die einzelnen Maßnahmen zur Bindung deiner Mitarbeitenden. Denn auch diese Maßnahmen kosten Geld und sollten deshalb vorausschauend geplant sein.
Natürlich solltest du ein Basisangebot bieten, mit dem du deine Wertschätzung gegenüber der gesamten Belegschaft ausdrückst. Aber nehmen wir das Beispiel Führungskräfteentwicklung: Statt auch unqualifizierte und unmotivierte Kandidat:innen zu fördern, ist es aussichtsreicher, wenn du dich auf geeignete Talente konzentrierst, die langfristig eine Bereicherung für die Organisation darstellen.
<span style="color: #fc6676">3.</span> Ermutige zu offener Kommunikation, Feedback und Kritik
Es hat noch nie geholfen, die eigene Jobunzufriedenheit oder Kündigungsgedanken herunterzuschlucken – weder Mitarbeitenden noch Personalverantwortlichen. Lass es also gar nicht so weit kommen und schaffe ein vertrauensvolles Umfeld, in dem Angestellte sich so wohlfühlen, dass sie ihre Meinung proaktiv teilen – egal, ob positiv oder negativ.
So kannst du als Personalverantwortliche:r Probleme früher erkennen und ihnen entgegenwirken. Du erhältst ehrliches Feedback und kannst Missstände rechtzeitig korrigieren und Kündigungen vorbeugen. Und am wichtigsten: Die Mitarbeitenden fühlen sich wertgeschätzt, wenn ihre Meinung Gehör findet.