Aus Fehlern lernen? Damit kennt Oliver Kahn sich aus. In seiner sportlichen Karriere nutzte er jeden Torwartfehler, um eine noch bessere Nummer 1 zu werden. In der Zeit danach sah er jeden Rückschlag als Chance, um sich weiterzuentwickeln. Hier sind 10 Learnings aus seinem Masterplan Kurs „Learning as a Leader“ – über das Lernen aus Fehlern und für die berufliche Weiterentwicklung zur Führungsperson:
1. Lerne innerhalb des „Flow“
Lernen ist eine Gratwanderung, sagt Oliver Kahn. Es findet nicht durch Überforderung statt, sondern an der Grenze dazu. Der „Flow“ ist dabei der Bereich, in dem die Herausforderungen mit den eigenen Fähigkeiten ausbalanciert sind. Fühlst du dich deinen Aufgaben gewachsen und kommst dabei an dein persönliches Limit, ist Lernen am effektivsten.
Außerhalb dieses Bereichs kann es dagegen problematisch werden. Bist du konstant unterfordert, droht Lernen langweilig und frustrierend zu werden. Durch stetige Überforderung tendiert man dagegen zu Resignation.
2. Reflektiere Rückschläge
„Du lernst nicht aus dem Scheitern. Du lernst aus der Reflexion des Scheiterns.” Egal, ob in seiner sportlichen oder unternehmerischen Karriere – erst die Analyse von Fehlern hat für Kahn einen erfolgreichen Lernprozess angestoßen.
Die Weiterentwicklung setze erst ein, wenn man ins Detail gehe und sich zum Beispiel frage: „Was lerne ich jetzt und wie mache ich jetzt weiter?“ oder „Wie kann ich nächstes Mal schlauer dastehen?“. Um an diesen Punkt zu kommen, müsse man Mitarbeitenden auch Fehler zugestehen, aus denen sie lernen können. Teilweise sollte man das sogar forcieren, denn, so Kahn, „Scheitern ist nicht gleich Scheitern”.
3. Vermeide vermeidbares Scheitern
Auf dem Spektrum des Scheiterns gibt es drei Ausprägungen. Die wohl am einfachsten zu eliminierende Fehler-Variante ist das vermeidbare Scheitern. Dazu zählen zum Beispiel Flüchtigkeitsfehler und Fehler, die durch Unkonzentriertheit oder Unaufmerksamkeit entstehen.
Im Arbeitskontext kann das eine falsche Folie in der Kundenpräsentation sein, die einen Deal platzen lässt. In Kahns Fußballbeispiel führt er individuelles oder taktisches Fehlverhalten als Beispiel auf. Das könne immer mal vorkommen, ist aber „keine Art des Scheiterns, die ich zelebrieren will, denn die will ich eher eliminieren“, so Kahn.
4. Minimiere komplexitätsbedingtes Scheitern
Die wohl bekannteste Form des Scheiterns ist komplexitätsbedingtes Scheitern. Oder anders: Man kann einfach nichts dafür, dass etwas nicht geklappt hat. Das kommt vor allem dann vor, wenn es um komplexe Zusammenhänge geht und unterschiedliche Einflussfaktoren eine Rolle für das (Nicht-)Erreichen eines Ziels spielen.
Was also tun, wenn man scheinbar eh nichts gegen die Niederlage in der Hand hat? Kahns Antwort: „Eliminieren kannst du sie nicht, du kannst sie aber minimieren.“ Damit meint er potentielle Fehlerquellen. Berücksichtige also bei einem Projekt möglichst alle Einflussfaktoren, dadurch senkst du das Risiko eines Fehltritts.
5. Ermögliche intelligentes Scheitern
„Diese Art des Scheiterns, die will ich“, sagt Oliver Kahn. Es gibt eine Art von Niederlage, die der ehemalige Welttorhüter bevorzugt? Ganz genau, intelligentes Scheitern! Das hat nämlich das Ziel, neue Erkenntnisse zu gewinnen, also quasi gezieltes Lernen aus Fehlern.
„Intelligentes Scheitern, in einem definierten Rahmen, kann eine Bedingung für Erfolg sein”, führt Kahn weiter aus. Im Fußball gebe es Testspiele, um neue Taktiken auszuprobieren. In der Arbeitswelt spricht man von Pilotprojekten. Eine gewisse Fallhöhe und ein Risiko, Fehler zu begehen, ist in beiden Fällen einkalkuliert. Das Ziel ist ein Lerneffekt, der sich in langfristigem Erfolg auszahlt, nicht zwingend ein kurzzeitiges, positives Ergebnis.
6. Lerne aus Fehlern anderer
„Beim Lernen aus Fehlern geht es meistens um die Analyse der eigenen Fehler”, stellt Kahn in einer Lektion seines Kurses fest. In den meisten Fällen schauen wir uns von anderen die Erfolge an, wollen aus Best Practices lernen und sie kopieren. Rückschläge anderer interessieren in puncto Lerneffekt oft wesentlich weniger. Dabei stecken in ihnen genauso wertvolle Lehren, die uns weiterhelfen und -entwickeln.
Wer nicht nur bei seinen eigenen Fehltritten reflektiert, was in der Situation falsch gelaufen ist, sondern auch bei anderen fragt: „Warum hat XY diesen Fehler begangen?“, kann zukünftigen Rückschlägen vorbeugen.
7. Hinterfrage auch Erfolg kritisch
Die fast schon logische Konsequenz aus Punkt 6, dem Lernen aus Fehlern anderer: Lernen aus dem eigenen Erfolg. Viel zu oft geht man aus einem erfolgreichen Projekt mit einer „Läuft doch“-Einstellung heraus. Alles hat geklappt, der Plan ist aufgegangen. Aus Kahns Sicht ist es aber essenziell, „dass wir auf Erfolg mindestens so kritisch gucken müssen wie auf Scheitern.“
Die Herausforderung bestehe dabei vor allem in der Selbstanalyse, „weil es uns Ehrlichkeit abverlangt“. Wenn du dich dem stellst, liefern dir die Antworten auf die folgenden Fragen vermutlich interessante Erkenntnisse: Wie hast du es zum Erfolg geschafft? Und was solltest du weiter umsetzen?
8. Entwickle ein Growth Mindset
Aufstehen, lernen, weitermachen – falls du deine Fähigkeiten als etwas verstehst, das wachsen kann: Sehr gut, du hast ein Growth Mindset! Fehler sind für dich Entwicklungschancen und Scheitern gibt dir neue Motivation, besser zu werden.
Dem entgegen steht ein Fixed Mindset, also eine sehr festgefahrene Ansicht, bei der du der Meinung bist, bestimmte Fähigkeiten zu haben oder eben nicht. Weiterentwicklung ist mit dieser Einstellung unmöglich, es ist ein Teufelskreis. Solltest du dich oder ein Teammitglied sich darin befinden, versuche den Kreis Stück für Stück zu öffnen und daraus eine Aufwärtsspirale im Sinne des Growth Mindset zu entwickeln.
9. Brich Silos auf
Oder anders: Sei neugierig. Denn „eine der größten Unzulänglichkeiten, die du im Berufsleben haben kannst, ist ein Mangel an Neugier und echtem Interesse, über den eigenen Tellerrand zu schauen“, sagt Oliver Kahn. Schließlich führe engstirniges Denken und Handeln in Abteilungen nicht zum Erfolg der Organisation, das habe Kahn selbst oft genug erlebt.
Egal, ob Führungskraft oder nicht – Abteilungen, also Silos, aufzubrechen, verbessert die Gesamtperformance der Teams und des Unternehmens. Themen werden besser in Kontexte eingeordnet, es gibt mehr Verständnis für die Arbeit der anderen. Wichtige Einschränkung: Das Aufbrechen dieser Silos funktioniert nur mit echtem Interesse.
10. Interessiere dich wirklich
„Es ist egal, wie großartig und detailliert eine strategische Planung sein mag. Die Kultur, die in deiner Organisation herrscht, ist viel entscheidender und stärker.” Was Kahn damit sagen will: Haltung und Einstellung sind wichtiger als Methoden und Techniken.
Wir alle können lernen, die richtigen Fragen zu stellen oder Fehleranalysen strukturiert durchzuführen. Richtig hilfreich ist das aber nur, wenn dich die Antworten und Ergebnisse wirklich interessieren. Von erfolgreichem Lernen kannst du erst dann sprechen, wenn du dich selbst weiterentwickelst oder dein Team von den Erkenntnissen profitiert.
Fazit
Es gibt viele Strategien und Ansätze, aus Fehlern, Rückschlägen und Niederlagen die richtigen Lehren zu ziehen. Oliver Kahn hat zahlreiche davon selbst erfolgreich umgesetzt.
Zwei grundsätzliche Tipps zum Lernen aus Fehlern von Kahn:
- Man solle sich von vornherein klar machen, welche Ziele verfolgt werden und ob Fehlschläge erlaubt seien.
- Außerdem solle man Fehler in Kauf nehmen, nur so entwickle man sich weiter.
Denn wie sagt es der „Titan“: „Wer keine Fehler macht, der macht sonst wahrscheinlich auch nichts.“
In seinem Masterplan-Kurs „Learning as a Leader“ erklärt Oliver Kahn weitere Lernstrategien, zum Beispiel, was einen „Multivocal Leader“ auszeichnet und wie man als Führungskraft psychologische Sicherheit herstellt – alles veranschaulicht mit Praxisbeispielen aus seiner Karriere, der Geschäfts- und Fußballwelt.